Lagergemüse

Kartoffeln, Rüebli und Randen standen schon seit den Anfängen des Mattenhofs auf dem Feld, Zwiebeln, Chabis, Sellerie, Lauch wuchsen im Hausgarten und wurden erst später für die Direktvermarktung angebaut. Sie können alle diese Lagergemüse bei uns ab Oktober bis November zum Einlagern bestellen und mit uns einen Termin abmachen (Die Preisliste mit Mengenrabatten wird i.d.R. mit dem Oktober-Kundenbrief verschickt).

Kartoffeln und Rüebli – vor allem süsse Rüebli – zählen zu den Königsdisziplinen des Ackerbaus, der biologische Anbau macht alles noch ein paar Zacken anspruchsvoller: Kartoffeln stehen für das „effizienteste, wichtigste“ Nahrungsmittel des Menschen in unserer Gegend, und Karotten sind das meistverkaufte Gemüse in der Schweiz! Obwohl der Mattenhof zu den Bio-Pionierbetrieben gehört, haben wir immer noch das Gefühl, am Anfang der Entwicklung des ökologischen Ackerbaues zu sein: Es gibt so viele neue/alte Ideen und Erkenntnisse und Kulturtechniken, dass die momentane Praxis einfach ein Schritt ist, hoffentlich in die richtige Richtung…

Kartoffeln

Wir bauen folgende Sorten an:

Ditta (als Ersatz für Charlotte, weil diese uns mit der Zeit ärgerte mit ihrer Anfälligkeit für Krautfäule und Kartoffelkäfer): festkochend (A), länglich, nicht ganz so dünne Schale wie Charlotte, lange Keimruhe, damit gut lagerbar. Neuere Sorte, sollte gegen Krautfäule nicht so empfindlich sein.

Desiree: universell verwendbar (B), rote Schale, unregelmässige Knollen, aromatisch, recht gute Keimruhe. Ertragreich, aber fäulnisanfällig im Boden, wegen der Farbe nicht ganz einfach zu sortieren. Mittlerweile ältere Sorte, deren Verbleib in der eidgenössischen Sortenliste nie ganz sicher ist.

Agria: mehlig kochend, erst nach längerer Lagerung universell einsetzbar (C-B), grosse, rundliche Knollen, sehr lange Keimruhe. Sehr ertragreich, aber viele unschöne Knollen, bei unregelmässigem Wachstum können va. grosse Knollen hohlherzig werden. Empfindlich auf Schlagschäden beim Ernten.

Blaue St. Galler, Blaue Schweden: Diese Sorten haben wir mehrere Jahre ausprobiert, haben aber nie Glück mit ihnen gehabt – vermutlich war das Saatgut schon zu fest mit Viren belastet, sodass wir kaum mehr ernteten, als wir setzten. Warten wir, bis unsere Motivation wieder gross genug ist…

Das Bio-Saatgut wird ab März-April in Harrasen an der Helle (aber frostgeschützt) vorgekeimt, damit die Kartoffeln einen zeitlichen Vorsprung bekommen. Gleichzeitig können die zukünftigen Kartoffelblätze parat gemacht werden. In der Regel pflügen wir die Vorkultur (Gründüngung, ehemalige Pflanzung) und machen mit unseren traditionellen, uralten Bodenbearbeitungsgeräten, einer Spatenrollegge und einer Federzahnegge das Feld „rein“. Wenn der Boden zu grobschollig wird, können sich die Kartoffeln nicht so gut entwickeln und bei der Ernte gibt es deutlich mehr Schlagschäden durch harte Erdmocken, die im Vollernter auf den Bändern auf die Knollen fallen. Zudem muss viel langsamer gefahren werden, weil sonst die Maschine und die vier sortierenden Menschen auf dem Vollernter an ihre Grenzen kommen.

Zum Setzen mit dem alten Haruwy-Halbautomaten braucht es ebenfalls vier ArbeiterInnen, die das Saatgut, möglichst ohne grosse Beschädigung der Keime, aus den Harrassen auf 4 drehende Teller mit Blechklappen legen. Die Kartoffeln eines Setzaggregates fallen rhythmisch in einem Rohr in einen kleinen Graben und werden dann mit zwei Häufelsechen leicht mit Erde zugedeckt. Auf diese Weise erhält man bei 75cm Reihenabstand eine Bahn von 3m gepflanzten Kartoffeln. Für die Mattenhofdimensionen mit 70 Aren Kartoffeln wäre jetzt also ca. 1/12 gesetzt…

Die nächsten Kulturtechniken bis zur Ernte hängen von ganz vielen Faktoren ab, die unseren Beruf so interessant machen: Wann ist soviel „Unkraut“ aufgelaufen, dass das erste Mal gestriegelt werden sollte, wann kann man das nächste Mal häufeln, wann Gülle geben, wann sollte das 2. Mal gehäufelt werden, muss die Bewässerung installiert werden, wann müssen die Spritzungen gegen Kartoffelkäfer und gegen Krautfäule bestellt werden, kann man noch ein 3. Mal häufeln? In den letzten Jahren mussten wir etwa 2 Mal ein Bakterien-Toxin gegen die Kartoffelkäfer-Larven spritzen lassen und 2-3 Mal eine Kupfersalzlösung gegen die Krautfäule. Auch der Bewässerungshaspel lief 2-3 Mal. Soweit wie bestimmte Biobauern, die sagen, ihr Boden und damit ihre Pflanzen seien so gesund, dass sie keine Spritzungen brauchen, sind wir leider noch nicht.

Irgendwann im August/September haben die Kartoffelpflanzen „das Gefühl“, es sei Zeit, mit Wachsen aufzuhören und abzureifen, sei es, weil der Boden nicht mehr „hergibt“ oder zu trocken ist, sei es, weil Pilze und Käfer die Pflanzen zu fest gestresst haben. Jetzt nützen kein Wasser und kein Spritzmittel mehr. Während der mehrwöchigen Abreife werden die Knollen schalenfest, erst dann können sie mit der Maschine geerntet werden. Mit Beginn der Abreife beginnen wir mit Angraben von Hand, damit später der Vollernter mehr Platz zum Manövrieren hat und wir im Laden die ersten eigenen Kartoffeln anbieten können. Weil wir meinen, die Umlagerungsprozesse aus den absterbenden Blättern und Stängeln in die Knollen seien nicht unbedeutend, schlegeln wir nicht das grüne Kraut ab, sondern erst kurz vor der Ernte das Unkraut, das sich während den paar Wochen der Abreife leider noch prächtig entwickeln konnte und beim Ernten den Reihenverlauf verdecken und den Vollernter verstopfen könnte.

Die Erntezeit ist schön und befriedigend, aber oft auch hektisch. Die Maschine muss fitt sein, Hilfen müssen organisiert werden, Paloxen parat gestellt und am Ende des Tages verräumt werden. Das genaue Manövrieren und umsichtige Bedienen der Maschine, aber auch die Fliessbandarbeit an der Leistungsgrenze während ca. 7 Stunden am Tag machen müde. Mit dem „Mattenhof-System“ schaffen wir 5-10 Paloxen (eine Paloxe fasst gut 500kg Kartoffeln), ca. 10 a pro Tag.

Karotten

Das Geheimnis unserer zarten und süssen Lagerrüebli ist sicher hauptsächlich die Sortenwahl und der späte Saattermin Ende Juni, Anfangs Juli. Damit wachsen die Rüebli bei abnehmender Tageslänge, haben ab der Mitte ihres Wachstums eher kühlere Tage und ein geringes Risiko, unter Trockenheitsstress zu leiden. In den schönen Spätherbsttagen, wenn die Temperaturen zu kühl sind für ein grosses Wachstum, können die Rüeblipflanzen mit ihrem buschigen, dunkelgrünen Blattwerk noch viel Zucker bilden und in ihre Reserveorgane (eben die orangen Wurzeln, auf die es der Mensch abgesehen hat) einlagern.

Der Boden für Biorüebli muss einen Monat vor der Saat parat sein, die Dämme schon gefräst/geformt, dass schon eine 1. Generation „Unkraut“ mit Striegeln, Hacken oder Abschleppen kaputt gemacht werden kann. Idealerweise kommt es dann wieder recht regnen, und wenn der Boden so weit abgetrocknet ist, dass man sähen kann, werden 120-150 feine Rüeblisamen pro Meter „Kartoffeldämme“ mit einer 4reihigen Einzelkornsämaschine in das möglichst feine Saatbeet, in möglichst regelmässiger Tiefe abgelegt. Wenn die Feuchtigkeit stimmt, läuft vor dem Auflaufen der Rüebli, ca. 6 Tage nach Saat im Sommer, noch die 2. Generation „Gjätt“ auf. Alles „Unkraut“, was jetzt, ca. 1 Tag vor dem Erscheinen der Rüeblikeimlinge, nicht abgeflammt werden kann, wächst mit den Rüeblipflänzchen auf und muss von Hand gejätet werden. Das heisst 300-500 Stunden pro ha gebückte oder kriechende Arbeit, 40 bis 60 Arbeitstage – wenn das jemand alleine machen müsste…

Als nächstes müssen die Rüebli 2-3 mal ganz genau gehackt und gehäufelt und hoffentlich nicht bewässert werden. Bei der Ernte im Oktober-November mit unserem mittlerweile auch schon älteren Simon-Vollernter fahren wir jeder Reihe entlang, der Grabarm hebt die Karotten leicht aus dem Boden und mit zwei schräg hochlaufenden Keilriemen, die das Kraut festklemmen, werden die Karottenpflanzen ganz ausgerissen und auf die Verleseebene gehoben. Dort wird das Kraut im Köpfer von den Wurzeln abgequetscht, die Rüebli fallen auf das Verleseband und können von 2-4 Menschen sortiert werden. Im aufwändigen Mattenhofsystem werden die Futterkarotten und die übergrossen auf dem Vollernter und die von der Maschine nicht erfassten Rüebli auf dem Feld in Harassen gesammelt und am Feldende in Paloxen geleert. Und wenn der Boden trocken ist, sammeln wir sogar das Kraut und laden es am Feldende zu einer Made für den Ladewagen ab – die Kühe lieben das aromatische und süsse, gehaltvolle Futter.

Einlagern

Die Vorratshaltung ist nicht so schwer, wie man aus der abnehmenden Praxis schliessen könnte. Folgende Punkte sind wichtig:

Je kälter, desto besser, aber natürlich kein Einfrieren: Die optimale Temperatur für Kartoffeln liegt bei 3-5 °C (bei kälterem Lager werden die Kartoffeln süss), für Karotten und die anderen Lagergemüse bei 0°C. Temperaturen ab 10° sind für ein, zwei Wochen schon gut, aber länger zu warm, bzw. das Gemüse beginnt halt auszutreiben. Bei -Temperaturen über mehrere Stunden kann schon auf 0° abgekühltes Gemüse glasig werden, gefrieren, dann taugt es nach dem Auftauen nur noch als Tierfutter… Praktisch für eine kleine Vorratshaltung, ohne einen heutzutage kaum mehr anzutreffenden kalten Keller, sind isolierte Kisten, die man in einem ungeheizten, schlecht isolierten Aussenraum lagert oder auf der Terrasse. Wenn es dann mehrere Tage deutlich unter 0 wird, können die Kisten an einen wärmeren Ort evakuiert werden. Um eine regelmässige Temperaturkontrolle bzw. gute Temperatureinschätzung kommt man beim Lagern nicht herum.

Das Gemüse sollte von einer hohen Luftfeuchtigkeit umgeben sein, damit es nicht schrumpelig, gummig wird. Besonders heikel reagieren Karotten, Randen, Sellerie. Mit Plastiksäcken, unterschiedlich fest zugemachten Isolierkisten und anderen kreativen Methoden muss dafür gesorgt werden, dass der Luftaustausch gerade so gross ist, dass das Gemüse nicht zu faulen beginnt und es keine grosse Kondenswasserbildung gibt.

Karotten sollten nicht neben Chabis und Obst (Äpfeln!) gelagert werden, deren Etylen-Ausscheidungen machen die Rüebli bitter.

Kartoffeln sind ja verdickte Stängel und werden darum grün, wenn sie zu hell gelagert werden. Das Grün ist übrigens nicht unbedingt so giftig wie man meint, aber es schmeckt halt auch nach dem Kochen irgendwie grün...