Gemüse

Obwohl auf dem Mattenhof übers Jahr in den beiden kleinen Hochtunnels (6.5*30m), in zwei gleich langen, aber viel schmaleren, variablen Feldtunnels und auf ca. 65 Aren (das gibt z.B. 27 160m lange Beete) um die 65 verschiedene Gemüse angebaut werden, schimpfen wir uns nicht „Biogmüesler“, sprechen nicht von „Biogemüseanbau“, sondern nur von unserer „Pflanzung“. Im Vergleich zu den richtigen Biogemüsebetrieben, die dann auch entweder Marktfahrer sind oder für die ganz grossen M und C’s „produzieren“, sind wir Nobodies. Nur einen Ehrgeiz haben wir: Wir wollen den erweiterten Nutz-Garten unserer Hofladenkunden sein: Eine breite Palette erntefrischer Salat, eine Sortenauswahl, die man im Grossverteiler nicht erwarten kann, Kefen, Knackerbsen, verschiedene Stangenbohnen, Pastinaken, Schnittmangold, Räben, gelbe Randen etc.. Auch Erdbeeren, die nach Erdbeeren munden und diverse alte Rhabarber-Sorten gehören in dieses Kapitel.

Das Mattenhof-Pflanzungssystem hat sich über viele Jahre herausgebildet. Mittlerweile wissen wir, wie viele und welche Setzlinge wir alle 1-2 Wochen setzen müssen, wo die Kürbisse, wo der Zuckermais wachsen und wo die Bohnenhänge stehen sollte, und wann die Sätze von Erbsen, Fenchel, Bohnen, Zuckermais, Randen und Räben (das Saatgut stammt von Zollingers oder von Sativa) gesät werden sollten. In der Mitte der Pflanzung lassen wir einen 4 Meter breiten Grasstreifen stehen, er dient unserem Erntefahrzeug, dem jeweils letzten ausrangierten Mattenhof-PW, als Gras-Fahrbahn.

Die Pflanzung liegt jedes Jahr auf einer anderen, aber hofnahen Parzelle. Nach der Vorkultur säen wir eine abfrierende Gründüngung (z.B. ein Gemisch mit Phacelia). Im Frühling, je nach Wetter, wird diese zuerst blockweise gepflügt oder direkt die Beete mit dem 1.5m breiten Zinkenrotor gefräst. Die Setzlinge beziehen wir von der Gärtnerei Eichberg, Seengen. Gesetzt wird von Hand in von der Fräse gezeichnete drei Linien. Das braucht zwar Ausdauer und fordert die Beine und den Rücken, aber es benötigt für ein Beet nur eine Person statt eine Traktorfahrerin und 2-3 Menschen auf der Maschine. Zudem brauchen wir den Boden nicht so pulverig zu fräsen wie für die Setzmaschine, weil von Hand der sog. Bodenschluss um die Wurzelbällchen viel besser gemacht werden kann.

Das aufkeimende Unkraut hacken wir mit der Real-Radhacke oder mit einer Rundhacke. Unser Gemüsebau-Schwerarbeiter, ein Fendt-Geräteträger-Oldtimer, kommt zum maschinellen Hacken im Zwischenachsen-Anbau mit den Gänsefuss-Scharen oder dem Striegel selten zum Einsatz, weil oft irgendetwas gegen den Maschineneinsatz spricht, sei es der zu nasse Boden, die Nachbarkulturen, die zu kleine Fläche, die schneller von Hand und so erst noch viel genauer gehackt ist, oder zu ungenau gesetzte Sätze. Bei langdauernden Kulturen wie Zwiebeln, Lauch, Chabis, Randen, Sellerie müssen wir aber auch einmal ganz von Händsche das Unkraut, das ganz nahe bei den Nutzpflanzen von den Geräten nicht erwischt wurde, ausreissen.

Die Saison beginnt bei uns im Februar mit dem Paratmachen der Tunnelbeete und Setzen von Salaten und Kohlrabi. Im Freiland beginnen wir in der Woche 11. Diese frühen Kulturen müssen noch mit einem Vlies gegen Kälte und Frostnächte geschützt werden.

Später brauchen wir manchmal statt Vliese Kulturschutznetze, um Schädlinge von Kohlpflanzen und Lauch abzuhalten. Weil die ständige Netz Hin- und Weg-Montiererei aber aufwändig ist, lassen wir das „Netzle“ manchmal sein. Dafür müssen wir dann Kohlsetzlinge und -Saaten bei Erdfloh-Epidemien mit Spinosad, einem Bodenbakterien-Toxin retten und müssen den Lauch zu gewissen Zeiten die von den Larven der Lauchmotte völlig verwurmten Schichten zuerst auswachsen lassen. Alles hat eben seinen Preis…

Noch ein paar Sätze zu wichtigen Themen beim Bio-Gärtnern, Mischkulturen, Mulchen, Pflanzenjauchen, Aussaatkalender:

Weil wir jedes Jahr die Pflanzung auf einem neuen „Schlag“ anlegen ist für uns die Fruchtfolge bzw. die Mischkultur nicht so wichtig. Wird ein abgeerntetes frühes Beet das zweite Mal bepflanzt, achten wir selbstverständlich darauf, dass nicht die gleichen Pflanzenfamilien folgen. Wir haben angefangen, die Kürbisse- und Zucchetti-Beete mit schlechtem Heu, das die Kühe sowieso nicht fressen würden, zu mulchen, das gibt zwar ein paar Stunden mehr zu tun, dafür haben wir das Gefühl, dem Boden und den Pflanzen einen grossen Gefallen zu erweisen. Die Herstellung von Pflanzenjauche ist uns zu aufwändig, länger bleibenden Starkzehrern wie Zuckermais, Zucchetti, Kürbissen geben wir Mutterkuhstall-Mist genauso wie den Starkzehrern in den Tunnels (Auberginen, Peperoni, Tomaten, Gurken). Diese erhalten zusätzlich noch Holzasche und werden zum Teil z.B. mit Futtertisch-Resten gemulcht. Spinat und Kohlrabi (unter Plastik) werden oft mit einem rascher abgebauten und wirkenden organischen Melasse-Dünger gegossen.

Als biologisch-organische Bauern sind wir „offiziell“ vom Einhalten eines kosmischen Kalenders „dispensiert“, die Lehre der Einflüsse der kosmischen, unsichtbaren Kräfte auf das Wachstum der Pflanzen ist für uns eine Wissenschaft für sich. Uns sind oft die anderen Bedingungen – ist der Boden parat, ist nach dem Setzen Regen angesagt, oder wäre sowieso wieder eine Beregnung der Pflanzung an der Reihe, hat jemand gerade Zeit zum Setzen – genügend grosse Restriktionen, da sind wir froh, wenn wir uns nicht noch um eine mehr kümmern müssen.